Die Wilhelmshavener Bürgerinnen und Bürger sind aufgerufen, sich an den Planungen zu einer neuen Stadthalle aktiv zu beteiligen.
Zum einen hat der Rat der Stadt eine schriftliche Einwohnerbefragung gestartet, um ein "Meinungsbild" zu einem Neubau und zu verschiedenen Standortoptionen gewinnen. Zum anderen verfolgt eine Bürgerinitiative das Ziel, den Standort "Banter See" als möglichen Bauplatz für eine Stadthalle per Bürgerentscheid zu verhindern. Die nachfolgenden Links bieten hierzu weitergehende Informationen:
Im Juni 2020 hat der Verein zum Erhalt Wilhelmshavener Baukultur zum Thema "Stadthalle" folgenden Beitrag veröffentlicht:
Juni 2020
Die Stadthalle Wilhelmshaven verliert Ende 2021 ihre Betriebserlaubnis. Für einen Weiterbetrieb sind umfangreiche bauliche Maßnahmen oder ein kompletter Neubau notwendig.
Nach Betrachtung verschiedener Standortoptionen stehen für den Rat der Stadt zwei Alternativen im Fokus:
Der Verein zum Erhalt Wilhelmshavener Baukultur e.V. hat hierzu eigene Überlegungen und Analysen angestellt, die als Ergänzung zu bereits vorliegenden Untersuchungen dienen sollen.
Die Ergebnisse werden nachfolgend dargestellt und stehen zusätzlich in einem "Papierformat" zum Herunterladen bereit:
Standort: Grenzstraße/Ecke Peterstraße
Eckdaten:
Aus der Perspektive eines Besuchers ist die aktuelle Stadthalle ein sehr gut funktionierender Ort für große Veranstaltungen in Form von Konzerten, Bällen, Messen etc.
Den größten Anlass zur Kritik gibt der fehlende repräsentative Eingangsbereich sowie die trist wirkende Außenfassade im Industriedesign, die den Stadthallenbau wie einen Fremdkörper im Stadtbild erscheinen lässt.
Darüber hinaus besitzt die Stadthalle eine gute Verkehrsanbindung:
Besucher, die mit dem Pkw anreisen, wissen zu schätzen, dass man bei Nutzung des Parkdecks oder des Parkhauses über kurze Wege und „trockenen Fußes“ in den Veranstaltungsbereich gelangt.
Der in den vergangenen Jahrzehnten nachgewiesene Gebrauchswert der Stadthalle gibt Anlass, das Gebäude im Kern zu erhalten. Die technischen und ästhetischen Mängel sollten im Rahmen einer Umgestaltung behoben werden. Dies wird die kostengünstigere Variante gegenüber einem kompletten Abriss und Neubau sein. Auch aus ökologischen Gründen ist ein Umbau einem Abriss vorzuziehen. Zudem wurde das Gebäude erst vor wenigen Jahren von der Stadt erworben. Hier geht es darum, die getätigte Investition an eine nachhaltige Nutzung zu knüpfen.
Das für den Bau einer Stadthalle in Frage kommende Gelände war Standort einer Kasernenanlage mit angrenzendem Hafen (U-Boot-Stützpunkt) aus den 1930er Jahren. Der Komplex wurde zwischen 2005 und 2012 abgerissen. Vom alten Gebäudebestand blieb nur ein Bunker erhalten. Mit Ausnahme eines Bürogebäudes, das 2006 errichtet wurde (heutiges Jade-Innovationszentrum), blieb das Areal bis heute unberührt.
Die Fläche zeichnet sich aktuell aus durch
In den vergangenen Jahren wurde das Gelände gelegentlich für größere Open-Air-Veranstaltungen genutzt (z.B. Konzerte, Heißluftballon-Meetings).
In unmittelbarer Nachbarschaft befinden sich
Ein Teil des Banter-See-Areals ist zur Bebauung für das künftige Wattenmeer Partnerschaftszentrum vorgesehen (geplanter Baubeginn 2020). Der vorgeschaltete Architekturwettbewerb machte die Vorgabe, den vorhandenen Bunker einzubeziehen. Dieser soll nun, gemäß ausgewähltem Entwurf einer dänischen Architektin, mit einer Art Glas-Kubus überbaut werden. Büros und Tagungsräume werden auf vier Stockwerkebenen oberhalb des Bunkerdachs untergebracht. Außerdem soll eine Besucherterasse realisiert werden.
In einem Gutachten, das durch die Stadt Wilhelmshaven beauftragt wurde, wird für einen Stadthallen-Neubau eine Kapazität von 2.000 Sitzplätzen empfohlen. Der dafür notwendige Grundflächenbedarf soll 6.200 m² bis 7.200 m² betragen.
Der Richtwert für vorzuhaltende Kfz-Stellplätze liegt bei einem Stellplatz pro fünf Sitzplätzen. Somit besteht Bedarf für 400 Kfz-Stellplätze. Bei einem Ansatz von ca. 25 m² pro Stellplatz (einschließlich Fahrgasse) ergibt sich eine Gesamtparkplatzfläche von 10.000 m².
Zusätzlich werden Flächen für Feuerwehrumfahrt, Anlieferung Bühnenausstattung etc. benötigt.
Die folgende Grafik stellt dar, wie sich der Flächenbedarf auf das Banter-See-Gelände auswirkt:
Das im Fokus stehende Grundstück am Banter See liegt südlich des Ems-Jade-Kanals und zeichnet sich durch eine "Insel-Situation" aus. Die Erreichbarkeit aus dem Stadtgebiet ist auschließlich über drei bewegliche Brücken (Klapp- und Drehbrücken) gegeben. Über diese Brücken fließt der gesamte Verkehr Richtung Südstrand, einem der beliebtesten Ausflugsziele für Touristen und Einheimische.
An den Straßen "Jadeallee" und "Am Südstrand" liegen unter anderem
Nicht eingerechnet sind laufende Bauprojekte (Wiesbadenbrücke, Jadeallee 100), die noch nicht fertig gestellt sind sowie geplante Bauprojekte (Wattenmeer Partnerschaftszentrum, Hotel Friesland), die vor dem Baubeginn stehen.
Festzuhalten ist jedoch, dass sich mit den vorgenannten Projekten der Bestand an Wohnungen und Hotelzimmern entlang "Jadeallee" und "Am Südstrand" mehr als verdoppeln wird. Dies wird voraussichtlich zu einer weiteren Anspannung der Verkehrssituation führen.
Fraglich ist, ob unter diesen Voraussetzungen eine Veranstaltungsstätte für 2.000 Besucher hinzugefügt werden sollte. Außerdem erscheint es unter dem gleichen Gesichtspunkt nicht von Vorteil, eine weitere große Veranstaltungsstätte in Form des Pumpwerks in direkter Nachbarschaft zu haben. Die Möglichkeit, Veranstaltungen parallel durchzuführen, könnte allein mit Rücksicht auf das Verkehrsaufkommen eingeschränkt sein. Mit einer Stadthalle am aktuellen Standort hingegen stellt sich dieses Problem nicht.
Der längerfristige Wegfall einer der Brückenverbindungen (z.B. durch Sanierung oder technischen Defekt) bringt stets erhebliche verkehrstechnische Einschränkungen mit sich. Zuletzt war dies bei der Sanierung der Kaiser-Wilhelm-Brücke 2010-2012 und bei der Sanierung der Rüstringer Brücke 2018 und 2019 der Fall. Für die Deichbrücke steht ab 2020 eine Grundsanierung inklusive Vollsperrung bevor.
Für die anstehende Standortentscheidung müssen neben wirtschaftlichen Untersuchungen auch die Wechselwirkungen einer Stadthalle mit ihrer Umgebung betrachtet werden. Hier zählt nicht nur der gegebene Zustand, sondern auch eine zu erwartende Entwicklung der umliegenden Flächen und Infrastruktur. Am aktuellen Standort Grenzstraße/Peterstraße ist davon auszugehen, dass es im Umfeld auf lange Sicht keine wesentlichen Veränderungen (Bebauung, Verkehrsführung, Nutzung etc.) geben wird. Anders sieht die Situation am optionalen Standort „Banter See“ aus. Hier ist im Umfeld mit wesentlichen Veränderungen durch die Bebauung freier und freigemachter Flächen zu rechnen.
Die folgende Grafik markiert die Bereiche, wo solche Veränderungen aktuell stattfinden und perspektivisch in der Betrachtung sind.
Zu hinterfragen ist zum Beispiel, wie eine Stadthalle mit zugehöriger Parkplatzfläche aus gestalterischer Sicht mit dem künftigen Wattenmeer Partnerschaftszentrum harmonieren würde. Letzteres ist als architektonische Ikone konzipiert und könnte durch einen benachbarten Zweckbau an Wirkung verlieren. Auch ist zu bedenken, welchen Anblick man den Besuchern auf der Aussichtsplattform des Wattenmeer Partnerschaftszentrums präsentieren möchte.
Anforderungskategorie | Umbau am Standort Grenzstraße | Neubau am Standort Banter See |
---|---|---|
1. Städtebauliche Anforderungen | + | - |
2. Funktionsbezogene Anforderungen | + | - |
3. Gestalterische Anforderungen | + | - |
4. Ökologische Anforderungen | + | -- |
5. Wirtschaftlichkeit und Realisierbarkeit | o | o |
6. Soziokulturelle Anforderungen | + | - |
7. Zukunftsplanung | + | - |
Die zu bevorzugende Alternative ist der Umbau des Bestandsgebäudes an der Grenzstraße/Ecke Peterstraße. Die konkreten technischen und baulichen Möglichkeiten hierfür sollten näher untersucht werden.
Die künftige Gestaltung und Nutzung des Banter-See-Geländes ist am Umfeld mit seinen gegebenen Einschränkungen und Möglichkeiten, aber insbesondere auch mit Blick auf die langfristige Entwicklung des gesamten Bereiches Emsstraße/Jadeallee/Am Südstrand zu orientieren. Eine großflächige Versiegelung ist zu vermeiden.